Polnisch in der Grundschule

160414 A_NokeBei der 4. Sitzung des Expertenbeirats „Frühe nachbarsprachige Bildung in Sachsen“ am vergangenen Montag stand das durchgängige Nachbarsprachenlernen am Übergang von der Kita zur Grundschule im besonderen Fokus der Diskussion. Mit dabei war auch Andrea Noke, Fachberaterin für Polnisch und selbst Polnisch-Lehrerin an der Grundschule Boxberg.

Frau Noke, aktuell bieten 13 Grundschulen in Sachsen (alle im Landkreis Görlitz) Polnisch-Unterricht ab Klasse 1 an. Immerhin 307 Schulanfänger haben im August 2015 mit dem Polnischlernen begonnen. Wie funktioniert die Heranführung an die Nachbarsprache Polnisch konkret und welches Personal steht den Schulen dafür zur Verfügung?
Das Fach „Intensives Sprachenlernen – Polnisch“ ist ein freiwilliges Fach, welches wir ab Klasse 1 mit einer Stunde pro Woche an 10 staatlichen Schulen anbieten können. Dies gilt nur für Schulen, die das Fach „Polnisch“ in ihr Schulkonzept aufgenommen haben. Diesen Schulen stehen sprachlich ausgebildete Lehrer bzw. Lehrer polnischer Herkunft zur Verfügung. Diese Lehrer stellen in der 0. Elternversammlung vor Beginn des Schuleintritts das Fach und seine Möglichkeiten vor. Danach können die Eltern mit ihren Kindern entscheiden, ob sie diese Chance nutzen wollen. Außerdem hat die Schule die Möglichkeit, einen Sprachassistenten zu beantragen. Dieser steht dem Lehrer im Unterricht sowie bei Aktivitäten der Schule unterstützend zur Verfügung.
Die drei Schulen in freier Trägerschaft, die Polnisch ab Klasse 1 anbieten, arbeiten nach eigenen Konzepten – ein besonderer Schwerpunkt wird hier auf Polnisch als Begegnungssprache gelegt.

Die Kinder bringen vermutlich recht unterschiedliche Vorkenntnisse und Vorerfahrungen mit: Manche sind bereits in der Kita oder im familiären Umfeld an Sprache und Kultur unseres Nachbarlandes herangeführt worden, andere nicht. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht und wie gehen die Lehrer im Unterricht mit dieser Vielfalt um?
Gewöhnlich beginnen die Lehrer im Unterricht bei Punkt „Null“, da es nur sehr wenige Kinder mit sprachlichen Vorkenntnissen gibt. Diese Kinder beziehen wir vor allem in den Sprachanlass als Initiator mit ein, wenn die anderen Kinder neue Texte hören und den Inhalt erfassen sollen. Da bieten sich besonders Dialoge zwischen Lehrer und Schüler an. Oftmals können diese Kinder auch neue Lieder und Reime mit vorstellen. Besonders bei Partner- und Gruppenarbeit unterstützen sie andere Kinder.
Kinder mit Vorerfahrungen aus dem familiären Umfeld helfen auch, Traditionen aus dem Nachbarland zu erklären. Oftmals bringen sie Gegenstände, Fotos usw. mit.

Gibt es gezielte Kooperationen zwischen Kitas und Grundschulen in diesem Bereich?
Grundsätzlich stehen Kita und Grundschule im engen Kontakt, um gemeinsam den Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule zu gestalten. In Bezug auf das Sprachenlernen gibt es aber nur in einigen wenigen Orten Kontakte. Oftmals hat entweder die Kita oder nur die Grundschule das sprachliche Angebot, selten beide Einrichtungen. Ein schönes Beispiel ist Rothenburg. Hier besucht die Sprachassistentin der Schule in den Schulferien die Tagesstätte und gestaltet viele Angebote. Dort werden dann einzelne Wörter bzw. Redewendungen geübt und genutzt.

Eine Bestandsaufnahme der LaNa hat aufgezeigt, dass es 2014/15 immerhin 65 Kitas und 26 Grundschulen entlang der sächsisch-polnischen und sächsisch-tschechischen Grenze gab, die Nachbarsprachangebote unterbreiten bzw. eine grenzüberschreitende Partnerschaft pflegen. Dennoch gibt es bisher nur an einzelnen Standorten Angebote für das durchgängige Erlernen einer Nachbarsprache – beginnend in der Kita und, daran nahtlos anknüpfend, in der Grundschule. Wo liegen aus Ihrer Sicht Ansatzpunkte, um diese Situation zu verbessern?
Wir benötigen vor allem Lehrer, die Interesse an diesem Fach zeigen, der Sprache mächtig sind und sich mit viel Engagement für dieses Fach an ihrer Schule einsetzen.

Beim Expertenbeirat wurden auch Erfahrungen aus dem sorbischen Bereich mit der Umsetzung der Konzepte WITAJ und 2plus diskutiert. Was können wir daraus für den Bereich der frühen nachbarsprachigen Bildung lernen?
Ja, die Umsetzung dieser Konzepte für eine zweisprachige Bildung wurde wissenschaftlich begleitet und es gibt bereits langjährige Erfahrungen in der Praxis an Kitas und Grundschulen mit der Vermittlung der sorbischen Sprache, beim Anknüpfen an bereits in der Kita erworbene Kompetenzen in der Grundschule oder auch in der Zusammenarbeit mit Eltern. Davon können wir profitieren und schauen, was wir auf unsere Situationen „zuschneiden“ können. Für den fachlichen Austausch mit den sorbischen Kolleginnen im Expertenbeirat bin ich sehr dankbar.

Die LaNa bedankt sich sehr herzlich für das Gespräch.

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