Regelmäßig berichten Kindertagesstätten der sächsischen Grenzregionen im Blog der LaNa über ihre Projekte, Motivationen und Herausforderungen bei der Vermittlung der Nachbarsprachen sowie beim Kennenlernen der Kultur unserer Nachbarn in Polen und Tschechien. Heute lassen wir eine Elterninitiative zu Wort kommen, die sich diesem Thema außerhalb der Kita in einem ganz anderen Rahmen widmet. Welche Intention hinter dem zweisprachigen, deutsch-polnischen Angebot Baby-CYRKUS steht und wie das Angebot mit Leben gefüllt wird, haben uns die vier Initiatorinnen Magdalena Zielińska-König, Luise Träger, Josefina Degering und Liliana Brendel erzählt:
Liebe Initiatorinnen des Baby-CYRKUS, wer seid ihr und was ist eure Motivation, ein zweisprachiges Eltern-Kind-Angebot ins Leben zu rufen?
Wir sind vier Frauen unterschiedlichen Alters, mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und kommen aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und Polens. Was uns vereint, ist die Tatsache, dass wir Interesse an der Zweisprachigkeit Deutsch-Polnisch bzw. auch konkrete interkulturelle Erfahrungen aufgrund unserer familiären oder beruflichen Situationen haben und, dass wir Mütter sind. Magdalena z.B. kommt aus Grudziądz in Nordpolen und ist als Kulturmanagerin in Görlitz tätig. Ihr Mann ist Deutscher und die gemeinsame Tochter Ida (2J.) wächst zweisprachig auf. Beruflich legt sie sehr viel Wert auf die deutsch-polnische Zusammenarbeit. Josefina hingegen spricht (noch) kein Polnisch, jongliert aber, hat ein großes Interesse an der Nachbarsprache und ist Mutter von zwei Kindern.
Wir sehen seit längerem einen Bedarf für einen deutsch-polnischen Treffpunkt. Da es sowas in der Stadt Görlitz bisher nicht gibt, haben wir diese Initiative selbst ins Leben gerufen. Die Hintergründe dafür sind, einen regelmäßigen Sprach-Austausch zwischen Kindern und zwischen Eltern zu fördern, aber auch unseren Kindern eine Möglichkeit zu geben, in einer deutsch-polnischen Umgebung aufwachsen zu können.
Wir glauben, dass es richtig wichtig ist, dass schon kleine Kinder die Möglichkeit haben, die Sprache des Nachbarn kennen zu lernen. Noch wichtiger dabei ist aber der kulturelle Austausch, der bei diesem Projekt stattfindet.
Wir haben überlegt, welcher Raum für unsere Idee am besten in Frage kommt und sind auf den CYRKUS-Laden eines lokalen Vereins (KulturBrücken Görlitz e.V.) gekommen. Dort wurde das Angebot dankend angenommen und es passt sehr gut in das Angebot des Vereins hinein.
Wie gestaltet ihr das Angebot von der Sprache her? Wie sieht so ein Nachmittag aus? Ist es ein offenes Angebot?
Alle Programmpunkte werden konsequent Deutsch und Polnisch durchgeführt, da wir als Initiatorinnen und Leiterinnen der Gruppe meist zweisprachig sind. Das Übersetzen ist also kein Problem.
Der Nachmittag fängt mit einer kleinen Begrüßung an, wo wir ein bisschen über das Projekt und die Motivation dahinter erzählen, danach gibt es eine Vorstellungsrunde für die Eltern und Kinder: Wir begrüßen uns deutsch-polnisch mit Mam na imiȩ… / Ich heiße… und dann singen wir ein Begrüßungslied. Danach gibt es Lieder und Bewegungsspiele, jeweils in der deutschen und polnischen Sprache. Wiederholungen sollen dabei das Einprägen unterstützen. Nach der gemeinsamen Bewegung laden wir alle zum Tisch für eine kleine Ess- und Trinkpause mit selbstgebackenem Kuchen und Obst ein. Anschließend gibt es ein freies Bewegungsangebot, das von den Kindern und Eltern frei gestaltet wird und wo auch der freie Austausch zwischen den Eltern und Kindern passiert. Insgesamt dauert ein Treff 2 Stunden. Er findet am Freitag Nachmittag von 15.30 bis 17.30 Uhr statt.
Spiele und Lieder sind an das Alter angepasst, d.h. sie enthalten nicht so viel Text, z.B. werden Körperteile genannt und mehrmals wiederholt. Lilianas einjährige Tochter Ada hat die Lieder beim Baby-CYRKUS erstmalig kennen gelernt und möchte sie es zu Hause jeden Tag wieder hören und zeigen, wo „brzuch/der Bauch“ ist. Luises 3-jähriger Tochter Ronja geht es da genauso!
Wir haben uns entschieden den Treff am Anfang für alle offen zu machen, ohne vorherige Anmeldung. Wir merken jedoch, dass dadurch eine gewisse Unsicherheit bzgl. der Teilnehmerzahl entsteht und wir überlegen, ob wir es anders konzipieren.
Ihr habt euch an einen bestehenden Verein, den KulturBrücken Görlitz e.V., angeschlossen, dessen Fokus CYRKUS (Zirkus) für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Görlitz und Zgorzelec ist. Wie vermittelt ihr den Kleinen Zirkus bzw. wie kann man sich das vorstellen?
Die Kleinen erkunden den Raum und machen sich mit den Zirkusutensilien, die vor Ort im CYRKUS-Laden vorhanden sind, vertraut. Sie lernen Gegenstände und Dinge, Formen, Funktionen und Bewegungen kennen, z.B. Bälle, Tücher, das Balancieren auf einer Wippe oder das Hüpfen durch einen Reifen.
Manchmal findet auch ein kleiner Workshop, also eine Anleitung durch einen Zirkuspädagogen für die etwas größeren Kinder statt, der die Zirkuselemente vorstellt und Funktionen zeigt.
Wer sind eure bisherigen Teilnehmenden? Wie alt sind die Kinder?
Wir haben ein sehr gemischtes Publikum von deutschen und polnischen Kindern und ihren Eltern. Viele polnischen Teilnehmer kommen aus Görlitz, aber manche sind auch aus Zgorzelec und umliegenden Dörfern. Es gibt auch einige deutsche Familien, die an dem Treff teilnehmen. Die Kinder sind zwischen 1 und 5 Jahre alt. Wir merken, dass die Altersspanne der Kinder sehr groß ist. Mit den kleineren kann man noch nicht so viel machen wie mit den größeren. Singen gefällt allen: „Nogi robią tup tup tup“ (Die Beine machen tap, tap, tap), „Stary Niedzwiedz śpi“ (Der alte Bär schläft), „Baloniku“ (Luftballon). Ein Sprachanimation ist mit den größeren möglich, die schon sprechen können. Daher überlegen wir, die Gruppe zukünftig eventuell aufzuteilen.
Seit wann gibt es euer Angebot und was habt ihr noch vor in der Zukunft?
Unser erster Treff fand am 9. Februar 2018 statt – es sind also gerade 2 Monate. Wir möchten in der Zukunft den Treff um richtige Zirkus-Elemente ergänzen. Wir befinden uns gerade in einer Experimentier-Phase und möchten nach Bedarf schauen, in welcher Richtung sich das Angebot Baby-CYRKUS in naher Zukunft entwickelt. Wichtig ist, dass das Angebot weiter besteht, da es eine gute Möglichkeit, auch für Einsprachige, bietet, Polnisch in einer offenen, lockeren Runde und zu einer Zeit zu erlernen, die mit Kleinkindern möglich ist. Kursangebote finden häufig abends statt und sind für Eltern mit Kleinkindern eher ungünstig. In einer Grenzstadt wie Görlitz bzw. in der Grenzregion leben sehr viele Mütter und Väter in einer ähnlichen Situation und der Bedarf an Sprachaustausch und Kleinkindprogrammen besteht. Unsere Idee geht sehr gut auf. Wir haben ein wunderbares Feedback, allein schon durch die teilweise sehr große Teilnehmerzahl und die wiederkehrenden Eltern und Kinder.
Wir danken den Initiatorinnen für diese Einblicke und wünschen den Eltern des Baby-CYRKUS viel Freude beim gemeinsamen Austauschen im zweisprachigen Kontext sowie den Kindern beim Erkunden der deutschen und polnischen Sprache sowie beim Entdecken der Zirkuswelt. Vielleicht kennen Sie ähnliche Initiativen aus Ihrer Grenzregion oder sind selbst Organisator/-in eines solchen Angebotes? Wir freuen uns über Ihre Information oder Ihren Beitrag dazu.