Sprache öffnet Türen

Die LaNa erzählt gern Geschichten von Menschen, vom Schüler bis zur Seniorin, die sich den Nachbarsprachen Polnisch bzw. Tschechisch geöffnet haben und welche in die Kultur der Nachbarn eingetaucht sind. Lernen Sie heute Barbara Laris und ihre persönliche Geschichte mit der Nachbarsprache Deutsch sowie ihr grenzüberschreitendes Engagement in der sächsisch-polnischen Grenzregion kennen: 

Barbara Laris ist eine polnische Muttersprachlerin, die inzwischen in der sächsisch-polnischen Grenzregion zu Hause ist und in einer deutschen Kita arbeitet. Gebürtig kommt sie aus Piotrków Trybunalski, einer polnischen Stadt genau zwischen Warschau und Katowice gelegen. Nach dem Abitur zog es Basia zunächst in ihre Lieblingsstadt Krakau, wo sie Ukrainische Philologie an der Jagiellonen Universität studierte. Später setzte sie ihr Studium in Warschau fort und hängte noch ein paar Semester Recht an der Universität Warschau hinten dran. Sie fand eine gute Arbeit in der polnischen Hauptstadt und war zufrieden mit ihrem Leben. „Mit Deutsch hatte ich bis dahin nur soviel am Hut, dass es ein Unterrichtsfach in der Grundschule und Mittelstufe war, aber ich konnte nie etwas auf Deutsch ausdrücken, geschweige denn kommunizieren. Deutschland hatte ich noch nie betreten und mein westlichster Aufenthaltsort bis dato war Wrocław“, sagt sie rückblickend mit einem Schmunzeln. Warum auch? Sie brauchte die Nachbarsprache bis dahin überhaupt nicht in ihrem privaten und beruflichen Alltag. So hätte das Leben für Basia Laris weitergehen können. Doch dann kam alles ganz anders:

Ausgerechnet die Teilnahme an einem Seminar an der polnisch-ukrainischen Grenze, in Przemyśl, brachte die Veränderung. Einer Begegnung folgte eine Einladung zu ihrem ersten Aufenthalt ins Nachbarland Deutschland, zu einem deutsch-polnischen Seminar in die Turmvilla Bad Muskau. Dieses Seminar „kolorowy misz-masz“ hat Basia Laris damals begeistert und die offene deutsch-polnische Atmosphäre hat sie einfach angesteckt. Mit dieser positiven Erfahrung in der Grenzregion zwischen Sachsen und Polen, brach sie kurzer Hand all ihre Zelte in Warschau ab, bewarb sich in der Grenznähe auf eine Stelle auf der polnischen Seite, zog nach Bad Muskau und ging einen ganz anderen Weg.

Dennoch war ihr die Nachbarsprache Deutsch weiterhin fremd. Ihr Partner sprach Polnisch und beruflich war sie ebenfalls ausschließlich in ihrer Herkunftssprache unterwegs. Ein Miteinander auf Augenhöhe mit den deutschsprachigen Nachbarn fand nicht statt, es sei denn, sie sprachen auch Polnisch. „Das macht ganz schön einsam, wenn man die Sprache nicht kann“, resümiert Basia. Sie entschloss sich mit einem Sprach-Tandem diesen Zustand zu ändern und war erfolgreich: Langsam aber sicher entfaltete sich ihr neues, deutsch-sprachiges Netzwerk und eine Begegnung führte zur nächsten. Ihre sprachliche Blockade, wie sie es nennt, begann sich zu lösen: „Ich wusste plötzlich Wörter im Deutschen, wo ich mir gar nicht bewusst war, dass sie in meinem Kopf existieren, und da stellte ich fest‚ Basia, du weißt doch schon eine ganze Menge!“. Doch für eine berufliche Perspektive in einer deutschsprachigen Umgebung fühlte sie sich noch nicht gewachsen. Erst eine Projektkooperation ihres damaligen Arbeitgebers mit deutsch-sprachigen Partnern brach auch diese Blockade auf.

Inzwischen hat Basia in Bad Muskau Wurzeln geschlagen, eine Familie gegründet und die eigenen Kinder wachsen zweisprachig polnisch-deutsch auf. „Das war ein wesentlicher Grund in der Grenzregion zu bleiben. Wo sonst kann sich Zweisprachigkeit im Lebensumfeld so intensiv wiederspiegeln!“, fasst sie zusammen.

Ihre Arbeit als Fachkraft „Sprachkitas“ in der Kita „Bergpiraten“ kam irgendwann auf sie zu. Heute ist sie dort u. a. verantwortlich für Familien mit einer anderen Herkunftssprache als Deutsch. Es ist ihr ein Anliegen alle Sprachen aufzufangen, die in der Kita zu hören sind. Auch ihre eigene, polnische Herkunftssprache bringt sie seitdem regelmäßig mit in den Kita-Alltag ein. Sie organisiert z. B. kulturelle Höhepunkte und bringt die Begegnungen zwischen den Eltern und mit einer polnischen Kita auf den Weg. Aus aktuellem Anlass sind jetzt sogar ihr damaliges Studium in Krakau und die Ukrainisch-Kenntnisse eine große Hilfe. „Die Arbeit mit den Kindern und dem Team in der Kita zeigt mir, was für ein Schatz Mehrsprachigkeit ist und ich habe verstanden, wie schwierig es für alle Beteiligten sein kann, wenn die Sprache fehlt!“ Deshalb erachtet es Basia Laris als eine wichtige Voraussetzung, dass Kita-Fachkräfte wesentliche Grundkenntnisse darüber haben, was mehrsprachiges Aufwachsen bedeutet, dass Sprache nicht gleich Sprache ist oder sich nicht jede Sprache gleich anfühlt, und das auch das sprachliche aufeinander zugehen viele Türen öffnen kann: „Letztendlich ist es gar nicht so relevant, dass eine andere Sprache immer fehlerfrei angewendet wird, so lange man sich überhaupt zum Sprechen bemüht und das mit ganzem Herzen!“.

Die LaNa dankt Barbara Laris für ihre spannende und optimistisch stimmende Geschichte aus der deutsch-polnischen Grenzregion. Wir wünschen ihr alles erdenklich Gute und Freude beim Öffnen von noch vielen „Sprachtüren“. Gleichzeitig sagen wir Danke für ihre aktive Mitarbeit in der ExpertInnengruppe im deutsch-polnischen Interreg-Projekt „Groß und Klein gemeinsam“, in der sie u. a. an der Erarbeitung des Deutsch-polnischen Sprachschatzes für die Kita-Praxis und der demnächst erscheinenden zugehörigen Ideensammlung mitgearbeitet hat.

Sind Sie beim Lesen dieser Geschichte neugierig geworden auf Polen oder Tschechien? Haben Sie ebenfalls eine persönliche Geschichte, die Sie mit den sächsischen Nachbarn positiv geprägt hat? Dann erzählen Sie sie uns gern.

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