Warum Oderwitzer Kinder gern tschechisch erwerben

(Autor: Andreas Kirschke für Serbske Nowiny und SZ-Niesky)

Einmal pro Woche fährt Erzieherin Květa Šelbická nach Oderwitz. Die Erzieherin aus der Vorschule „Pampeliška“ Jablonec nad Nisou (Tschechien) lebt für das Projekt „Von klein auf – Odmalička“ mit Leib und Seele. Spielerisch erwerben die Oderwitzer Kinder bei ihr Tschechisch. Am gleichen Tag fährt Erzieherin Bettina Jungnickel nach Jablonec. Die Erzieherin aus dem Oderwitzer Kindergarten „Knirpsenland“ bringt dort tschechischen Kindern in der Vorschule „Pampeliška“ Deutsch bei. „Beide fahren mit eigenem Pkw. In eigener Initiative. Sie sprechen sich vorher über Inhalte ab. So ist es ein wirklicher intensiver Austausch. Wichtig sind uns vor allem die Begegnungen“, unterstrich Silke Kirchner, Leiterin der Oderwitzer Kita, jüngst zur Fachtagung „Auf dem Weg zur Nachbarsprache von Anfang an in Sachsens Grenzregionen“. Im Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal zielte die Tagung, organisiert von der Sächsischen Landesstelle für frühe nachbarsprachige Bildung, auch auf gute Beispiele aus der Praxis.

110 Kilometer hin und zurück nehmen Květa Šelbická und Bettina Jungnickel jeweils für das Projekt wöchentlich auf sich. Insgesamt 45 Kinder sind in beiden Kitas eingebunden. In Oderwitz ist es die Gruppe der großen Kinder, in Jablonec eine gemischte Gruppe. „Wir brauchen pro Jahr insgesamt 10.000 Euro zur Finanzierung“, erläuterte Silke Kirchner. „Förderung kam zu Beginn vor allem vom deutsch-tschechischen Zukunftsfonds. Heute müssen wir auch andere Möglichkeiten versuchen.“ Die Gemeinde Oderwitz, Träger der Kita „Knirpsenland“, gibt eine Auflage vor. Eltern dürfen nicht mehr als mit 20 Euro im Monat für das Projekt belastet werden. Bei wichtigen Anliegen, so die Leiterin, geht die Gemeinde unterstützend in Vorfinanzierung.

Kommunikation zwischen deutschen und tschechischen Kindern, so die Erfahrung, kommt vor allem beim Spielen, beim gemeinsamen Singen, beim Basteln und Essen zustande. „Ganz wichtig ist uns auch, die Eltern mit einzubinden“, unterstrich Silke Kirchner. „So gibt es jährlich ein Wochenende in Harrachov. Dort sind 30 deutsche Kinder mit Eltern und 30 tschechische Kinder mit Eltern dabei. Hier kommt es zum gemein-samen Erfahrungsaustausch.“ Sehr stolz sind beide Einrichtungen auf das Projekt. Konnte es doch Schritt für Schritt ausgebaut werden. Seit 2007 läuft es kontinuierlich – dank Eigeninitiative engagierter Erzieherinnen.

Bei gemeinsamen Veranstaltungen lernen die Kinder auch die Traditionen der Nachbarkinder kennen. Die Kinder unternahmen Ausflüge in die Umgebung von Oderwitz und Jablonec. Sie gestalteten ein Theaterstück über die Natur der Umgebung. Sie besuchten auch eine Ziegenfarm und lernten traditionelles Handwerk kennen. „Auf spielerische Art lernen die Kinder die tschechische Sprache kennen. Den Kleinen macht es Freude, und es bietet ihnen später bessere Berufschancen“, zitiert die Kita „Knirpsenland“ rückblickend einen Projektbericht. Seelenverwandt mit ähnlichen Ansichten fühlen sich die tschechischen Kolleginnen mit ihren Oderwitzer Kolleginnen verbunden. Sie freuen sich vor allem über die rasche Auffassungsgabe der Kinder und über ihre Offenheit für die Kultur der Nachbarn. „Kinder haben in einer kurzen Zeit ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass nicht weit hinter der Grenze Kinder leben, die zwar eine andere Sprache sprechen, aber genauso spielen wie sie“, zitiert die Vorschule Pampeliška Jablonec einen Projektbericht. „Sie haben gelernt, dass sie sich trotz der anderen Sprache verständigen können. Man kann sehen, dass sich einige Kinder besonders mögen und einander bei den Begegnungen suchen. Es ist wichtig, dass sie wissen, warum sie deutsch lernen und es ist schön, wenn sie dann alle gemeinsam spielen oder ein Lied singen.“

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