Mehrsprachigkeit in der Familie – ein Erfahrungsbericht aus Jena

(Autor: Jan Kammann)

Ich lebe mit meiner polnischen Frau in Jena. Vor ungefähr einem halben Jahr kam unser Sohn zur Welt. Oli wird von Anfang an von uns zweisprachig erzogen. Darauf legen wir auch viel Wert, denn es ist ein Geschenk für jedes Kind, wenn es mit zwei Muttersprachen aufwächst. In unserem Familienalltag kommuniziert meine Frau immer auf Polnisch und ich spreche immer auf Deutsch mit Oliver. Unser Sohn kommt dabei nicht nur mit zwei unterschiedlichen Sprachen in Berührung, sondern auch mit zwei verschiedenen Lebensräumen und -weisen. Wir leben zwar in Deutschland, aber besuchen die Familie in Polen regelmäßig. Es ist interessant das Essen dort kennenzulernen, polnische Musik zu hören und zum Teil andere Umgangsformen zu beobachten. Noch interessanter wäre es natürlich, wir würden in einer Grenzregion leben. Denn dort hätte Oli die Möglichkeit im Alltag zwei Sprachen und Kulturen begegnen zu können.

Durch die Beziehung zu meiner Frau, aber vor allem durch die Geburt unseres Sohnes, ist auch mir einiges bewusst geworden – zum Beispiel, dass Sprache der Schlüssel für gute Beziehungen und ein selbstbewusstes Auftreten in grenzüberschreitenden Kontexten ist. Deshalb lerne ich seit einigen Jahren selbst Polnisch und kann mittlerweile eigenständig in Polen bzw. im Heimatort meiner Frau kommunizieren – ohne auf ihre Übersetzung angewiesen zu sein. Ich habe das Gefühl, dass ich dadurch besser akzeptiert und mehr geschätzt werde, auch wenn ich noch nicht alles verstehe. Aber es baut auf jeden Fall Hemmnisse ab. Und es macht richtig Spaß, sich mit Menschen aus dem anderen Land unterhalten zu können. Außerdem werde ich auch zukünftig meinen Sohn verstehen können, wenn er mit meiner Frau Polnisch spricht oder mir auf Polnisch antwortet. Zudem erkenne ich durch die Sprachkenntnisse, dass es sehr viele kulturelle Gemeinsamkeiten von Deutschen und Polen gibt. Zum Beispiel werden oftmals gleiche Sprüche und Witze erzählt. Demgegenüber werden auch Unterschiede in der Denkweise für mich ersichtlich, da ich höre, wie sich ein polnischer Muttersprachler ausdrückt. Schließlich reflektiert jede Sprache auch immer die jeweiligen Lebensräume und die Menschen, die dort leben. Noch etwas ist mir aufgefallen: Seitdem ich die polnische Sprache lerne, verstehe ich auch meine eigene Muttersprache besser.

Letztlich spielen Sprache und verschiedene Kulturen in unserer Familie zwar eine große Rolle, aber es gehört für uns zur Normalität. Es ist Teil unseres Alltags. Natürlich stellen wir uns auch Fragen, was die zweisprachige Erziehung unseres Sohnes betrifft. Kann es sich negativ auf die Sprachentwicklung auswirken? Was, wenn Oli irgendwann nur noch eine Sprache sprechen will? Aber die Vorteile einer zweisprachigen Erziehung überwiegen eindeutig – und ein perfektes Rezept für die Erziehung von Kindern in bilingualen Familien gibt es sowieso nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert