Berufliche Perspektive bei der Polizei dank Nachbarsprachkenntnis?!

Leiter des Direktionsbüros Polizeidirektion Görlitz, André Schäfer // Foto: Polizeidirektion Görlitz

Die Landesstelle Nachbarsprachen arbeitet seit 2014 gemeinsam mit einem engagierten Netzwerk unterschiedlicher Partnerinnen und Partner aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft u.a. daran, dass die Nachbarsprachen Polnisch und Tschechisch nicht nur in den Kitas der sächsischen Grenzregionen, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit als Sprachen mit einem besonderen Stellenwert für das Leben und Arbeiten im sächsisch-polnischen / sächsisch-tschechischen Grenzraum erkannt werden. Im Unterschied zu den üblicherweise in den Schulen erlernbaren Fremdsprachen sind die Nachbarsprachen hier im Alltag der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen präsent und in der authentischen Begegnung mit Muttersprachlern erlebbar. Sie ermöglichen einen direkten Bezug zur Kultur unserer Nachbarn. Ihre Vermittlung sollte deshalb so früh wie möglich, nämlich schon in der Kita, beginnen und durchgängig bis hin zur beruflichen Bildung fortgesetzt werden.
Besondere berufliche Perspektiven bieten sich jungen Menschen mit  Nachbarsprachkenntnissen z. B. bei der Polizei. Darüber sprach die LaNa mit André Schäfer, Leiter des Direktionsbüros der Polizeidirektion Görlitz.

Sehr geehrter Herr Schäfer, Sie legen Wert auf Nachbarsprachkenntnisse Polnisch und Tschechisch bei Ihren Auszubildenden bzw. bei Ihren Kolleginnen und Kollegen. Warum sind Ihnen diese so wichtig?

Foto: Polizeidirektion Görlitz

Für die Polizeidirektion Görlitz stellt die Grenzlage zur Republik Polen und zur Tschechischen Republik nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen vier Polizeidirektionen im Freistaat dar. Sie bestimmt auch nicht unwesentlich unsere tägliche Arbeit. Gerade die grenzüberschreitende Kriminalität und nicht zuletzt der über die Hauptverkehrsader BAB 4 rollende Schwerlast-, Touristen- und Pendlerverkehr sind Schwerpunkte der polizeilichen Arbeit hier in der Region. Unsere Polizeibeamten kommen daher zwangsläufig täglich mit der polnischen und der tschechischen Sprache in Kontakt. Zum einen erleichtert es die eigene Arbeit erheblich, wenn die Kollegen dieser Sprachen mächtig sind, zum anderen wäre dies auch ein Ausdruck bürgernaher Polizeiarbeit, um die wir uns ständig bemühen.

Können Sie konkrete Beispiele aus der täglichen Arbeit der Polizei nennen, wo Polnisch- bzw. Tschechischkenntnisse unabdingbar sind?
Ich gehe nicht so weit, Fremdsprachenkenntnisse bei Polizeibeamten als unabdingbar anzusehen. Die Amtssprache bleibt weiterhin deutsch. In vielen Fällen hilft auch das Englische weiter. Zur Not – wenn polizeilich erforderlich – gibt es auch Dolmetscher, die wir hinzuziehen können. In vielen Situationen unserer täglichen Arbeit aber ist es gut und begrüßenswert, wenn die handelnden Polizeibeamten die Sprache des Gegenübers verstehen.

Foto: Polizeidirektion Görlitz

Der Klassiker ist sicherlich die Verkehrskontrolle oder die Identitätsfeststellung zur Klärung eines Sachverhalts. Es gibt aber konkrete Arbeitsfelder, die wir mit unseren tschechischen und polnischen Kollegen gemeinsam bedienen. Ich denke da zum Beispiel an die Gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße, die sich aus polnischen und sächsischen Polizisten zusammensetzt. Ein anderes Beispiel sind die gemeinsamen Streifen zwischen Polizisten beider oder aller drei Länder. Hier kommt der sächsische Polizist regelmäßig auch auf tschechischem oder polnischem Territorium zum Einsatz und dort natürlich auch mit den Bürgern ins Gespräch.

Welche Möglichkeiten bieten Sie Ihren Mitarbeitenden, notwendige  fachliche Sprachkenntnisse in Polnisch bzw. Tschechisch zu erwerben bzw. zu vertiefen?
Wir bieten regelmäßige Sprachkurse für unsere interessierten Mitarbeiter an. Die werden auch gut angenommen. Aktuell ist es uns noch nicht möglich, Ähnliches auch für die tschechische Sprache anzubieten. Wir arbeiten jedoch daran.

Gibt es einen grenzüberschreitenden Austausch, z.B. zwischen den Kolleginnen und Kollegen Ihrer Direktion mit Direktionen in Polen und Tschechien? Wie wird dies praktisch umgesetzt? Was nehmen Ihre Kolleginnen und Kollegen aus diesen Begegnungen an Erfahrungen mit in die tägliche Arbeit?
Die Polizeidirektion Görlitz arbeitet eng mit den Woiewodschaftskommandanturen der Polizei in Wroclaw und Gorzow zusammen. Es gibt z. B. gemeinsame Vereinbarungen zum Informationsaustausch oder zur gemeinsamen Bekämpfung der Eigentumskriminalität (siehe GFG Neiße). In mittlerweile fünf von der Europäischen Kommission geförderten grenzüberschreitenden Projekten haben wir zusammen gearbeitet. Im September endet zum Beispiel ein aktuelles gemeinsames Projekt auf dem Gebiet der Bekämpfung der Drogenkriminalität und der Präventionsarbeit in dem Bereich.

Mit Blick auf die gesamte sächsisch-tschechische / sächsisch-polnische  Grenze: Wie sehen andere Polizeidirektionen das Thema Auszubildende bzw.  Personal mit Nachbarsprachkenntnissen? Können Sie Beispiele anderer Landkreise nennen? Gibt es evtl. auch einen Austausch mit anderen deutschen Grenzregionen zu dieser Thematik? Welche?
Die Frage der Nachwuchswerbung und der Einstellung geeigneter Bewerber wird sachsenweit einheitlich koordiniert. Jede Polizeidienststelle im Freistaat hat ihre eigenen Besonderheiten und Bedarfe. Unsere Besonderheit hier in der Region liegt nun mal in der geografischen Lage zur Republik Polen und gleichzeitig zur Tschechischen Republik. Damit sehen wir einen hohen Bedarf an potentiellen Auszubildenden oder Studenten, die erstens aus der Region kommen und hier weiterhin leben und arbeiten wollen. Letztere hätten zudem noch den Luxus, dass die Hochschule der sächsischen Polizei heimatnah in Rothenburg/O.L. liegt. Aus den Gründen, die ich bereits erläutert habe, sind wir zweitens an jungen Menschen interessiert, die mit genau den Sprachkenntnissen aufwarten können, die wir hier in unserer Region so gerne nutzen möchten. Dabei hilft vielleicht auch der Hinweis, dass Einstellungsvoraussetzung für die sächsische Polizei nicht nur die deutsche Staatsbürgerschaft ist, sondern auch die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedsstaates, wie der Republik Polen oder der Tschechischen Republik.

Was möchten Sie jungen Menschen, ihren Eltern, aber auch Bildungseinrichtungen in der Grenzregion mit auf den Weg geben, um künftig den Fachkräftebedarf in Ihrem Bereich noch besser decken zu können?
Wir möchten den jungen Menschen in dieser Region und ihren Eltern zeigen, dass wir an ihnen interessiert sind. Wir suchen Polizisten, die aus der Region kommen und in der Region und für die Menschen der Region etwas bewirken wollen. Als Polizist kann man da sehr viel erreichen. Fremdsprachenkenntnisse, insbesondere natürlich Tschechisch und Polnisch, sind ein Pfund, mit dem man gerade hier in der Lausitz wuchern kann und sollte, wenn es darum geht, den Beruf fürs Leben zu finden. Der Polizeiberuf bietet 1.000 Möglichkeiten, sich dabei auch selbst zu verwirklichen.

Die LaNa dankt der Polizeidirektion Görlitz, insbesondere dem Leiter des Direktionsbüros, Herrn Schäfer, für das Gespräch. Informationen zu Praktika oder einer beruflichen Ausbildung bei der Polizeidirektion Görlitz stehen auf der Webseite der Polizei www.polizei.sachsen.de zur Verfügung. 

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