Gelebte (Sprachen-) Vielfalt in der Kita Taubenhaus

Eine Hand dreht Memokarten um

In die Liste der internationalen Tage für herausragende Themen reihte sich am vergangenen Wochenende der Welttag der kulturellen Vielfalt am 21. Mai. Interkulturalität und Mehrsprachigkeit gibt es bereits im Kindergarten, und das nicht nur in der unmittelbaren Grenzregion von Sachsen. Wie diese kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Kita thematisiert werden kann, warum es ein Schatz für alle Kinder ist, von Klein auf im gegenseitigen interkulturellen Austausch zu sein, und welche alltagsintegrierten Methoden und Materialien die Arbeit mit dieser Vielfältigkeit erleichtern, das berichtet Sprachfachkraft Annika Dube-Wnęk am Beispiel der polnischen Sprache in der Kita Taubenhaus in Coswig:    

Globalisierung und Mobilität der Gesellschaften führen dazu, dass immer mehr Kinder in bilingualen oder multilingualen Familien aufwachsen. Unsere Kindertagesstätte „Taubenhaus“ in Coswig bei Dresden ist ein lebendiges Beispiel dafür. Mit etwa 140 Kindern, von denen fast die Hälfte zu Hause eine andere Muttersprache als Deutsch spricht, ist die Vielfalt der Sprachen in unserer Einrichtung groß.

Sprachschatz Polnisch im Taubenhaus

Diese kulturelle Vielfalt bietet unseren Kindern großartige Möglichkeiten, verschiedene Kulturen und Weltanschauungen kennenzulernen und stellt uns gleichzeitig vor pädagogische Herausforderungen. Besonders deutlich wird dies im Kontext unserer polnischen Gemeinschaft. Obwohl wir uns nicht in unmittelbarer Grenznähe befinden, sind Polen und die polnische Sprache aufgrund der großen Anzahl polnischer Kinder in unserer Kita stets präsent.

Unsere Kita arbeitet nach dem sogenannten teiloffenen Konzept. Etwa 50 Kindergartenkinder bilden jeweils eine Gemeinschaft, in der sie frei entscheiden können, mit wem und womit sie den Tag hauptsächlich verbringen möchten. Es ist natürlich, dass Kinder mit derselben Muttersprache dazu neigen, sich zusammenzufinden und unter sich zu bleiben. Daraus können sich Schwierigkeiten ergeben, insbesondere wenn wir Pädagoginnen die Sprachen der Kinder und damit ihre Emotionen und Konflikte nicht immer verstehen können.

In diesem Zusammenhang erfahre ich meine eigenen Polnisch-Kenntnisse als sehr wertvoll. Sie erleichtern nicht nur den Umgang mit polnischen Kindern und Familien, sondern machen z.B. auch den Abschied von den Eltern leichter, wenn ein dreijähriges Kind am Morgen in seiner vertrauten Sprache getröstet werden kann. Aber die Bedeutung der Mehrsprachigkeit geht über solche unmittelbaren Bedürfnisse hinaus. Die Tatsache, dass ich „anders spreche“, wird oft zum Anlass für Gespräche mit den Kindern, insbesondere mit den einsprachigen, über die Bedeutung und den Wert der Sprachenvielfalt. So wird die Nachbarsprache Polnisch fast täglich zum Thema unter und mit den Kindern.

Ideen, die Sprache der Kinder in den Kita-Alltag zu integrieren

Die Integration von Polnisch in den Alltag der Kita – beim gemeinsamen Essen, Spazierengehen oder einfach in der täglichen Kommunikation – vermittelt den Kindern die Natürlichkeit und den Wert der Mehrsprachigkeit. Die deutschen Kinder hören dabei aufmerksam zu, fragen nach, worüber gesprochen wird, und probieren die fremden Worte selbst auszusprechen. Gleichzeitig erfahren sie, wie es sich anfühlt, von Kommunikation ausgeschlossen zu sein. Dies hilft ihnen, Empathie für ihre Altersgenossen zu entwickeln, die sich oft in einer ähnlichen Situation befinden. Für die polnischen (und anderen) Kinder ist es eine wertvolle Bestätigung ihrer Identifikation als mehrsprachige Personen.

Sehr gern verwende ich die vielfältigen Materialien der Sächsischen Landesstelle für nachbarsprachige Bildung (LaNa), um das Interesse der Kinder zu wecken und sie beim Erlernen neuer Wörter zu unterstützen. Die „Kleine Wortschatzkiste“, das Memo-Spiel zu den Jahreszeiten und die Stabfiguren Biedronka, Maus und Žába sind besonders beliebt und stets zugänglich. Unsere Kinderbibliothek enthält zudem viele polnische Kinderbücher. Alle Kinder dürfen diese Bücher wie in einer „echten“ Bibliothek nach Hause ausleihen. Dieses Angebot wird von den Kindern sehr gern genutzt. So gelangen auch Bücher in polnischer Sprache in deutsche Familien und schaffen Gesprächsanlässe über Sprachen und Schriften. Die nach meiner Erfahrung wichtigsten „Arbeitsmittel“ jedoch sind Präsenz und Aufmerksamkeit für die Themen der Kinder sowie Spaß und gemeinsames Lachen, vor allem in angespannten Situationen.

Die Arbeit mit den Eltern ist ein weiterer Bereich, in dem die Zweisprachigkeit von besonderem Wert ist. Begrüßung und Smalltalk auf Polnisch können die Atmosphäre auflockern und heben das Gespräch auf Augenhöhe. Die gegenseitige Unterstützung bei Wortschatzlücken schafft ein Gefühl der Gemeinschaft und des Respekts.

Ein Fazit: Sprache(n) ist wertvoll

Polnisch ist in unserer Kita „einfach da“ und zu einem verbindenden Element geworden. Die Kinder wissen, dass wir Verständigungskrisen gemeinsam lösen können, und haben ihre Hemmungen vor der jeweils anderen Sprache abgebaut. Es ist schön zu sehen, wie Leichtigkeit und Gemeinschaft entstehen, in der möglichst alle Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten und ihre kulturellen Wurzeln gleichberechtigt erleben können.

Das Team der LaNa sagt herzlich Danke für diesen lebendigen Einblick in die engagierte Arbeit und den Umgang mit der (Sprachen-) Vielfalt in der Kita Taubenhaus. Wir wünschen den Kindern und dem Team weiterhin viel Freude und Erfolg bei dieser so wertvollen und inspirierenden Arbeit auf Augenhöhe mit den Kindern und Eltern.

Bildquelle: Kita Taubenhaus, Coswig

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