LaNa im Gespräch: Interview mit dem Vorsitzenden des Expertenbeirats Herrn MdL Dr. Meyer

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Der Vorsitzende des Expertenbeirates, Dr. Stephan Meyer (MdL), im Gespräch mit Marlies Wiedmer-Hüchelheim, Leiterin des Schul- und Sportamtes des Landreises Görlitz.

Gestern tagte der Expertenbeirat im Landratsamt Görlitz. Mit dessen Vorsitzenden Dr. Stephan Meyer sprach die LaNa über die Arbeit dieses Beirats. Was sind die Aufgaben des beratenden Gremiums und wo welche Themen standen bei der gestrigen Sitzung auf der Agenda?

LaNa: Herr Dr. Meyer, im November des vergangenen Jahres hat sich der Expertenbeirat „Frühe nachbarsprachige Bildung in Sachsen“ konstituiert. Wozu braucht es einen solchen Beirat und wer wirkt mit?

Herr Dr. Meyer: Der Expertenbeirat berät das Sächsische Staatsministerium für Kultus bei der Entwicklung eines nachhaltigen Konzeptes für die frühe nachbarsprachige Bildung im grenznahen Raum Sachsens und begleitet dabei insbesondere auch die fachliche Arbeit der Landesstelle Nachbarsprachen. Die Mitglieder des Beirates sind Fachleute aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Bildung und Regionalentwicklung und kommen aus ganz Sachsen, aber auch aus anderen Bundesländern. Sie alle bringen ganz vielfältige Erfahrungen und Fachkompetenz im Kontext mehrsprachiger Aktivitäten in Kitas mit, die in den Prozess zur Weiterentwicklung des frühen Polnisch- bzw. Tschechisch-Lernens in den sächsischen Grenzregionen einfließen sollen.

LaNa: Sie haben den Vorsitz des Expertenbeirats übernommen. Was ist Ihre persönliche Motivation für diese Aufgabe und welchen konkreten Beitrag können Sie als Landtagsabgeordneter leisten?
Herr Dr. Meyer: Mir ist die frühkindliche nachbarsprachliche Förderung ein wichtiges persönliches Anliegen, weil es insbesondere in den Grenzregionen zum Zusammenwachsen unserer Länder beiträgt. Je früher wir sprachliches und kulturelles Verständnis fördern, desto selbstverständlicher wird dessen Weiterentwicklung beim Erwachsenwerden und -sein. Das eröffnet auch auf dem Arbeitsmarkt und im Bereich der wirtschaftlichen Kooperationen ganz neue Möglichkeiten und bietet unserer Euroregion eine wichtige Entwicklungsperspektive. Ich möchte mit dem Beirat der Landesstelle diese Bemühungen unterstützen, indem die Expertenmeinungen aus der Praxis in die Umsetzung in Politik und Verwaltung einfließen und so die Erzieherinnen und Erzieher und andere Akteure aktiv unterstützt werden.

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Die Mitglieder des Expertenbeirates diskutierten den von der LaNa vorgelegten Zwischenbericht zur Bestandsaufnahme.

LaNa: Gestern traf sich der Beirat im Landratsamt Görlitz. Welche Themen standen auf der Tagesordnung und welche Ergebnisse gab es?
Herr Dr. Meyer: Bei der gestrigen Beiratssitzung ging es in erster Linie um die Bestandsaufnahme, welche die Landesstelle derzeit durchführt. Dazu wurden von ihr über 900 sächsische Kitas zu ihren Aktivitäten im Bereich der frühen nachbarsprachigen Bildung befragt und die Ergebnisse in einem Zwischenbericht vorgelegt. In der Diskussion waren wir uns im Beirat einig: Der Grundstein für das Nachbarsprachen lernen von klein auf ist in den sächsischen Grenzregionen gelegt, denn mehr als 60 Kitas sind bereits in diesem Bereich aktiv und mindestens ebenso viele haben Interesse signalisiert sich auf diesem Gebiet zu engagieren. Aber es gibt auch noch einige größere Baustellen, die angepackt werden müssen, um grundlegend voran zu kommen. Dazu gehören z. B. entsprechend qualifiziertes Kita-Personal und passfähige Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Angeboten in der Kita-Praxis ebenso wie die stärkere Sensibilisierung der Eltern für die Vorteile früher nachbarsprachiger Bildung für ihre Kinder oder ein besseres Image der Nachbarsprachen Polnisch und Tschechisch in der Öffentlichkeit allgemein. Dazu entwickelt die Landesstelle z. B. gerade eine thematische Informations- und Kommunikationsplattform für Eltern und Kita-Fachkräfte, die uns gestern vorgestellt wurde. Die Beiratsmitglieder haben vereinbart die inhaltliche Ausgestaltung dieser Öffentlichkeitsarbeit tatkräftig zu unterstützen. Außerdem werden sie sich aktiv in die Arbeitstagung „Auf dem Weg zur Nachbarsprache von Anfang an!“ am 23.06. in St. Marienthal einbringen, denn dort wird es vor allem darum gehen in einer breiten Fachdiskussion Schwerpunkte für die Weiterentwicklung im Bereich der frühen nachbarsprachigen Bildung in Sachsens Grenzregion herauszuarbeiten.

LaNa: Abschließend noch eine Frage. Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Aufgaben, die es in Sachsen anzupacken gilt, damit das Nachbarsprachen-Lernen zunehmend zu einer Selbstverständlichkeit in den Kitas der sächsischen Grenzregionen wird?
Herr Dr. Meyer: Meiner Ansicht nach bieten gerade die sächsischen Grenzregionen Potenziale, denn sie sind ganz besondere Lernorte: Die Nachbarsprachen sind hier im Alltag erleb- und lernbar. Außerdem entwickeln wir in der Begegnung mit unseren Nachbarn auch interkulturelle und soziale Kompetenzen, die für das Leben und Arbeiten in unserer modernen Welt von großer Bedeutung sind. Damit schon unsere Kleinsten in Sachsen diese Potenziale nutzen können und wir vorhandene Ressourcen effektiv einsetzen, muss ein durchdachtes Konzept her, damit das Erlernen der Sprachen unserer Nachbarn von Klein auf künftig zur Normalität gerade in den Grenzregionen wird. Es sind in den letzten Jahren zwar schon viele sehr engagierte, meist jedoch zeitlich befristete Projekte in diesem Bereich realisiert worden, aber wir müssen hier nachhaltiger denken und dafür sorgen, dass ein qualitativ hochwertiges Nachbarsprachlernangebot, beginnend ab der Kita, bereit gestellt wird, das dann auch kontinuierliches Weiterlernen in der Grund- und weiterführenden Schule möglich macht. Das erfordert die Entwicklung von Qualitätskriterien, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kitas – insbesondere mehr Zeit für die Erzieherinnen und Erzieher zur Umsetzung dieser Themen -, die Qualifizierung des pädagogischen Personals, ein intensiveres Bildungsmarketing u. v. a. m. Es gibt also noch viel zu tun – für die Landesstelle Nachbarsprachen und für uns als Expertenbeirat – und wir sind gespannt auf den weiteren gemeinsamen Arbeitsprozess.

 Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben.
 

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