Polnische / tschechische MuttersprachlerInnen im Kita-Team

In Ihrer Kita gibt es KollegInnen mit muttersprachlicher Kompetenz in einer Nachbarsprache?

Lesen Sie hier, wie Sie dieses Potenzial nutzen und den Kindern einen authentischen Umgang mit der Nachbarsprache im Kita-Alltag ermöglichen können.

Martina Weber, 2. Beigeordnete und
Leiterin des Dezernates für Gesundheit und Soziales, Landkreis Görlitz:

„Der Anteil polnischer und tschechischer MitbürgerInnen im Landkreis Görlitz wächst. Dies spiegelt sich auch in den Kitas wieder. Hier…  können [die Kinder] mit muttersprachlichen Vorbildern kommunizieren und interagieren…“

Lassen Sie sich inspirieren:

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Tipps für die praktische Umsetzung:

Für EinsteigerInnen: Wie finde ich muttersprachliches Personal für die nachbarsprachige Bildungsarbeit?

Muttersprachlich polnische bzw. tschechische Kompetenz im Kita-Team kann vielfältige Facetten haben. Sie kann beim Stammpersonal (pädagogische Fachkräfte ebenso wie technisches Personal), das den Kita-Alltag gemeinsam mit den Kindern gestaltet, vorhanden sein, aber auch durch zusätzliches Personal (z. B. Freiwillige, PraktikantInnen, über Projekte finanzierte Fachkräfte oder SprachanimateurInnen) in die Kita kommen.

Einen Überblick mit Hinweisen und AnsprechpartnerInnen finden Sie in unserer Kurzinformation.

Was ist bei der Einstellung pädagogischer Fachkräfte aus dem Nachbarland zu beachten?

Unterschiede in den Berufsbildungssystemen Polens, Tschechiens und Deutschlands führen dazu, dass in Polen bzw. Tschechien erworbene Berufsabschlüsse von pädagogischen Fachkräften nicht automatisch den in der Sächsischen Qualifikations- und Fortbildungsverordnung pädagogischer Fachkräfte (SächsQualiVO) vorgeschriebenen Qualifikationen entsprechen.

Der jeweilige Weg zur Einstellung in einer sächsischen Kita hängt vom konkreten Bildungsweg der Fachkräft ab. Einen Überblick dazu finden Sie  hier.

Polnischen bzw. tschechischen MuttersprachlerInnen, die in Sachsen als pädagogische Fachkraft in einer Kita arbeiten wollen, wird deshalb empfohlen zunächst einen individuellen Beratungstermin bei der Informations- und Beratungsstelle Arbeitsmarkt Sachsen (IBAS) in Anspruch zu nehmen. Hier erhalten sie – auf ihre konkrete Situation zugeschnitten – alle erforderlichen Informationen zum für sie geeigneten Weg zur Arbeit in einer Kita.

Wie gelingt die Kommunikation im (mehrsprachigen) Team?

Die alltagsintegrierte Einbindung der Nachbarsprache durch Ihre polnischen bzw. tschechischen MuttersprachlerInnen erfordert ein gutes Zusammenspiel innerhalb Ihres Kita-Teams und gelingt dann am besten, wenn als gemeinsames Ziel das mehrsprachige Aufwachsen aller Kinder und das Erleben der kulturellen und sprachlichen Vielfalt als Bereicherung verfolgt und der mehrsprachige Kita-Alltag von allen authentisch gelebt wird.

Im Kriterienhandbuch QITA: Qualität in zwei- und mehrsprachigen Kitas sind auf den Seiten 112 bis 117 wesentliche Aspekte zur Umsetzung, zu mehrsprachigen und kultursensiblen Kommunikationsstrukturen und zur Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte zusammengefasst.

Grundlegend wichtig ist, dass sich die pädagogischen Fachkräfte gut abstimmen,

  • welche Aktivitäten und Rituale sie jeweils in ihrer Sprache gestalten,
  • in welchen Situationen sie sich sprachlich gegenseitig unterstützen, zum Beispiel wie sie mit Gefahren- und Notsituationen umgehen wollen,
  • in welcher Sprache sie miteinander kommunizieren wollen.

Dabei sollten sie gemeinsam in der Gruppe als gleichberechtigte PartnerInnen für die Kinder auftreten.

Wie kann ich die Entwicklung der mehrsprachigen Kompetenzen der Kinder dokumentieren?

Mit der Beobachtung und Dokumentation der sprachlichen Entwicklung im Kontext Ihrer nachbarsprachigen Bildungsarbeit können Sie bereits frühzeitig Grundlagen für die Darstellung der individuellen Sprachbiografie jedes Kindes legen. Gleichzeitig kann die Portfolioarbeit mit der Sprachförderung im Kita-Alltag ebenso wie mit der Elternarbeit verknüpft werden.

Ein einfaches Instrument, um die vielfältigen sprachlichen Einflüsse auf die Kinder sichtbar und bewusst zu machen, bietet das Material SprachenWelt

Beziehen Sie darüber hinaus Ihre Beobachtungen in die individuelle Lern- und Entwicklungsdokumentation (Portfolioarbeit, Bildungs- und Lerngeschichten,…) ein.

Nutzen können Sie dafür auch das Europäische Sprachenportfolio: Mehrsprachigkeit in der frühkindlichen Bildung wertschätzen und dokumentieren.
Dieses vom Europarat zertifizierte und praxiserprobte Sprachenportfolio (Handbuch und Ordner mit Kopiervorlagen) eignet sich für Kinder von 3-7 Jahren. Es bietet Ideen zur Förderung von Mehrsprachigkeit, Anregungen zur Reflexion des Lernens von Sprachen, beschreibt Möglichkeiten für den Einsatz in der Kita sowie in der Elternarbeit und zeigt zahlreiche Praxisbeispiele auf. Die Kopiervorlagen enthalten

  • einen Sprachenpass zur Dokumentation der kommunikativen Fähigkeiten für alle Sprachen,
  • eine Sprachbiografie zur Dokumentation der individuellen Lernerfahrung und
  • ein Dossier zur Lernstandserfassung.
Wie nehme ich die Eltern mit?

Bestenfalls ist frühe nachbarsprachige Bildung Bestandteil Ihrer Kita-Konzeption. So können sich die Eltern bereits vor und bei Aufnahme ihres Kindes darüber informieren, sich bewusst dafür entscheiden und an der Weiterentwicklung des Bildungsangebots mitwirken.

Wie die alltagsintegrierte Nachbarsprachbildung im Zusammenspiel mit den polnischen/tschechischen MuttersprachlerInnen in Ihrem Kita-Team konkret umgesetzt wird, dies sollten Sie auf Elternabenden thematisieren. Bewährt haben sich auch Schnupperangebote,  bei denen die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern in die Nachbarsprache eintauchen, selbst die konkret umgesetzte Methodik und ihre Wirkungen kennen lernen und damit Berühungsängste abbauen können.

Erfahrungsgemäß gibt es dabei immer viele Fragen oder auch Vorbehalte, z. B.:

  • Mehrsprachiges Aufwachsen ja, aber wozu Polnisch oder Tschechisch?
  • Mein Kind soll erst einmal richtig Deutsch lernen. Ist es mit der zweiten Sprache nicht überfordert?

Hierfür steht der neue Online-Elternratgeber „Nachbarsprachen in Kitas in Sachsen“ zur Verfügung – dies in allen drei Nachbarsprachen, um auch die Eltern mit polnisch- bzw. tschechischsprachigem Familienhintergrund zu informieren.

Drüber hinaus sind hier einige Empfehlung von kostenfreien Materialien, die Sie zur Information der Eltern weitergeben oder auch bei thematischen Elternabenden einsetzen können:

Auch die Seite www.kindergesundheit-info.de bietet vielfältige Informationen und Materialien (Video und Elternflyer) zum mehrsprachigen Aufwachsen.

Hinweis: Elternratgeber zur mehrsprachigen Erziehung allgemein sind in der Materialbibliothek zu finden.

Wertvolle Hinweise von PraktikerInnen:

„Polnisch gehört als Nachbarsprache zur aktiven Lebenswelt unserer Kinder, in der Region, der Stadt und nicht zuletzt in unserem Kinderhaus. Wir reagieren darauf im Kita-Alltag und machen die Sprache für alle erlebbar, z.B. indem wir die Liebe der Kinder zu Geschichten aufgreifen. Dank eines deutsch-polnischen Erzähl-Tandems mit externen MuttersprachlerInnen konnten wir uns erstmalig mehrsprachig erzählten Geschichten widmen.“

Felicitas Baensch

Kinderhaus St. Jakobus, Görlitz

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„Bei uns gehört es zur Konzeption, dass die Kinder unsere Köchin, eine tschechische Muttersprachlerin, bei der
Zubereitung des Essens und bei der Essensausgabe unterstützen. Die Kinder tauchen beim regelmäßigen Kochen also spielerisch in die Nachbarsprache ein und lernen diese ganz einfach nebenbei.

Annett Keller

Kinderhaus Annett, Heidenau

Impulse für Fortgeschrittene:

Der authentische Gebrauch der Nachbarsprache durch polnische/tschechische MuttersprachlerInnen im Kita-Alltag ist ein wahrer Schatz, um allen Kindern mehrsprachiges Aufwachsen zu ermöglichen.

Reflektieren Sie und entwickeln Sie Ihre nachbarsprachige Bildungsarbeit gemeinsam mit Ihrem Team kontinuierlich weiter!

Verankern Sie Ihre nachbarsprachige Bildungsarbeit in Ihrer Kita-Konzeption!

Vernetzen Sie sich mit einer Einrichtung im Nachbarland und profitieren Sie von einer Kita-Partnerschaft!

Binden Sie die Kinder und deren Familien mit nachbarsprachigem Hintergrund aktiv mit ein!

Wenn Sie über muttersprachlich polnisches/tschechisches pädagogisches Personal verfügen, so können Sie ggf. den Weg zur bilingualen Kita beschreiten und den Kindern ein immersives Sprachbad nach dem Prinzip „Eine Person – eine Sprache“ ermöglichen.

Fundus zur Nachnutzung in der pädagogischen Kita-Praxis:

Ideen für spielerische Sprachanimation
Mit Biedronka, Maus und Žába durch das Kita-Jahr

Begleiten Sie Ihre nachbarsprachigen Aktivitäten durch Maskottchen, die helfen, den Kindern einen Bezug zum Nachbarland und seiner Sprache herzustellen. Ganz gleich, ob der den meisten Kindern bekannte kleine Mauwurf (krtek) aus Tschechien oder die Freunde Biedronka (PL), Maus (D) und Žába (CZ), die unsere drei Nachbarländer symbolisieren: Sie können in nahezu allen Situationen zum Einsatz kommen, wenn im Kita-Alltag die Nachbarsprache gesprochen wird. So werden sie zu kleinen „BotschafterInnen“ des Nachbarlandes und bauen den Kindern die Brücke zum Nachbarsprachenlernen.

Die Freunde Biedronka (PL), Maus (D) und Žába (CZ) gibt es inzwischen als Stabfigur (auch zum selber Basteln und Ausmalen für die Kinder), sie sind die Helden in zweisprachigen (d-pl und d-cz) Malbüchern zu Festen und Traditionen in den Nachbarländern oder auch in einer Sprachanimationsgeschichte und es gibt ein ganzes Paket an pädagogischen Materialien und Anregungen zum kostenlosen Herunterladen, in denen Sie die Drei in Ihrer nachbarsprachigen Bildungsarbeit durch das gesamte Jahr begleiten.

Beispiele aus der Kita-Praxis
  • Im Rahmen des Projektes „Euroregionales deutsch-polnisches Kita-Netzwerk“ begleitete eine polnische Muttersprachlerin den Kita-Alltag in Kitas im Landkreis Görlitz für ca. einen halben Tag pro Woche und ermöglichte den Kindern ein alltagsintegriertes Nachbarsprachbad. Der Projektbericht aus dem Kinderschloss Sonnenschein  liefert exemplarisch vielfältige Anregungen, wie dabei die  unterschiedlichen Alltagssituationen in der Kita aufgegriffen und genutzt werden können.
  • Seit vielen Jahren praktizieren die beiden Partner-Kitas Knirpsenland“ Oderwitz und „Pampeliška“ Jablonec nad Nisou einen grenzüberschreitenden Erzieherinnen-Austausch und holen so jeweils einen Tag in der Woche muttersprachliche Kompetenz in ihren Kita-Alltag.
  • Wie das Eintauchen in ein Nachbarsprachbad auch auf virtuellem Wege gelingen kann, wird in einer deutsch-tschechischen Handreichung „Kinderleicht Tschechisch lernen – Snadné učení němčiny“ beschrieben, die von der EUREGIO EGRENSIS veröffentlich wurde. Entstanden ist sie im Rahmen des Projektes Euroregionales deutsch-tschechisches Kita-Netzwerk: Als die persönlichen Besuche der tschechischen Muttersprachlerin Pavlína Kellerová  in den Kitas pandemiebedingt nicht möglich waren, schickte sie den Kindern kleine Videobotschaften, um trotz der Beschränkungen in Kontakt zu bleiben und die tschechische Sprache lebendig zu halten. Später wurden daraus Online-Sprachbegegnungen, bei denen Pavlína eng mit den ErzieherInnen vor Ort in den Kitas zusammenarbeitet und die Kinder gemeinsam mit ihnen aktiv in das digitale Sprachbad einbindet.
  • Im Projekt „Erzählen – ein Schatz für die Zukunft“ besuchen seit 2016 zweisprachige Erzähltandems Kitas, um in beiden Sprachen Geschichten zu erzählen und den Kindern die authentische Begegnung mit den Nachbarsprachen zu ermöglichen. Haben Sie selbst polnische/tschechische MuttersprachlerInnen in Ihrer Kita, so können Sie im Tandem natürlich auch selbst mehrsprachig erzählen oder vorlesen. Wie dies gut funktioniert, zeigt z. B. das kleine Erklärvideo der Stiftung Lesen. Auch haben wir Empfehlungen für altersgerechte zweisprachige Kinderbücher (deutsch-polnisch, deutsch-tschechisch) für Sie zusammengestellt.
(Nachbar-)Sprachschatz für Kita-PädagogInnen

Besuchen Sie auch die Materialbibliothek auf der Nachbarsprachplattform oder leihen Sie sich den Nachbarsprachkoffer aus – hier finden Sie viele weitere Materialien und Anregungen zur Nachnutzung.

Ihr Beitrag für den Fundus?!

Haben Sie aktuelle Informationen, möchten Sie Materialien, mit denen Sie in Ihrer Kita arbeiten, weiter empfehlen oder haben Sie Beispiele guter Praxis etc., die Sie gern mit anderen Kita-Fachkräften teilen? Ihre Impulse nehmen wir gern auf. Sprechen Sie uns an!